Hochvogel - 2593m

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Fünfmal hatte ich bislang den Hochvogel als Ziel, dreimal stand ich auf seinem Gipfel.

1989: meine persönliche Erstbesteigung. Inhalt des folgenden Berichtes.
1991: wegen starker Fußschmerzen (ungenügend eingelaufene Schuhe) schon beim "Anmarsch" über den Jubiläumsweg am Schrecksee gescheitert und von dort wieder mit schmerzenden Füßen nach Hinterstein abgestiegen.
1991: Umkehr wegen nahenden Unwetters beim Aufstieg an der Kreuzspitze auf etwa 2300 Meter. Es war besser so!
1995: endlich wieder oben!!! Diesmal ganz ohne Stress und ganz "offiziell".
2001: wieder bei tollem Wetter und fast abgeschmolzenem Kalten Winkel - ich stehe zum dritten Male oben!!! Wie die ersten beiden Male schon als Tagestour und alleine.

meine persönliche Kurz-Bewertung der Tour

Nun aber: eine Zeitreise zurück ins Jahr 1989:
Die Idee einer solchen Bergbesteigung war seinerzeit schon viele Monate alt. Anfangs waren es nur Überlegungen, die mit der Zeit Konturen annahmen. Der Hochvogel war hier nicht immer das einzige Ziel, das mir vorschwebte. Auch andere Ziele zog ich in Erwägung, blieb dann aber schließlich beim Hochvogel. Die genaue Planung dieser Tour warf eine Vielzahl von Fragen auf, etwa bezüglich der Dauer. Bei der gesamten Besteigung würden etwa 3600 Höhenmeter bei Auf- und Abstieg bewältigt, was für eine Tagestour doch ein strammes Pensum war.
Bei meinen Eltern rief mein Wunsch, mit meinen achtzehn Jahren alleine den Hochvogel zu besteigen, nicht gerade auf Bekräftigung. Nach langem Ringen bekam ich ein "Permit" für eine Tagestour auf das Imberger Horn, ein gerade mal knapp 1700 Meter hoher Grasbuckel direkt bei Hindelang. Ich schraubte die Tour mit Hilfe von langen, langen Wegen auf vierzehn Stunden und festigte meinen Plan: am Vortag der Tour würde ich mir ein Fahrrad ausleihen, mit dem ich den Weg von Hindelang bis zum Giebelhaus (etwa 15 Kilometer für eine Strecke) fahren wollte. So war ich vom Bus unabhängig, der zwischen Giebelhaus und Hinterstein verkehrte. Allzu viel Zeit durfte ich mir bei dieser Radtour aber auch nicht nehmen, denn meine Eltern und Andrea wollten am gleichen Tag eine Wanderung zum Engeratsgundsee unternehmen und würden den Bus zum Giebelhaus benutzen. Und wenn ich am Imberger Horn unterwegs war, konnte ich nicht zeitgleich per Fahrrad zum Giebelhaus strampeln!!!

Kleine Anmerkung: das hier vorliegende Tagebuch ist fast ungeändert jener Text, den ich kurz nach meiner Besteigung 1989 niederschrieb. Ich war damals 18 Jahre alt und habe meinen Traumtag am Hochvogel euphorisch festgehalten - man möge mir diesen Stil nachsehen, aber dies soll auch kein DAV-Führer sein!!!

Donnerstag, der 20. Juli 1989 Top

Zu viert stehen wir gemeinsam gegen 6:15 Uhr auf und frühstücken zusammen. Kurz vor 7 Uhr ist es soweit und ich kann mit meinem kleinen Rucksack und einem Holzstock ausgerüstet aufbrechen. Am Elektrogeschäft gegenüber vom Kurhaus wartet mein klappriges Dreigangfahrrad auf mich und aufgeregt kann ich meine Fahrt antreten. Der breiten Hauptstraße folgend fahre ich durch Bad Oberdorf Richtung Hinterstein. Die Luft ist noch kühl und es sind kaum Menschen unterwegs. Alles ist ruhig. Bald ist Hinterstein erreicht und die schöne Bergkulisse entschädigt für das erste Schnaufen.

Am hinteren Ortsende warten bereits die ersten Wanderer auf den Bus zum Giebelhaus. Obwohl der doch erst in einer Stunde zu erwarten ist. Um 7:25 Uhr erreiche ich also die letzten Hintersteiner Häuser und biege rechts Richtung Giebelhaus ab. Bald wird die Straße mitunter so steil, dass ich Mühe habe, um weiter zu kommen. Aber mit den Bergschuhen an den Füßen, dem Rucksack auf dem Rücken und diesem plumpen Fahrrad konnte ja auch keine Hochstimmung aufkommen! Es dauert nicht sehr lange, da habe ich einfach keine Lust und keine Kraft mehr für diese Strampelei. Ich steige ab und schiebe. Ich schaue auf die Karte: von den neun Kilometern, die zwischen dem Giebelhaus und Hinterstein liegen, dürfte ich etwa ein Drittel haben. An der Eisenbreche vorbei schiebe ich das Rad und komme langsam wieder zu Kräften. Als die Straße wieder verflacht, steige ich abermals auf meinen Sattel und fahre weiter. Außer einigen Fahrzeugen und den Waldarbeitern, die bereits bei der Arbeit sind, begegne ich niemandem. Kurz vor acht kann ich aufatmen: ich sehe die Hubertuskapelle vor mir, die von den steilen Grasflanken des Giebel überragt wird. Weit kann es nun nicht mehr sein. Einige Minuten später kann ich das erste Tagesziel sehen: das Giebelhaus! Vor Erleichterung jubele ich laut meine Freude in den Wald hinaus und bin um 8:05 Uhr meinem Ziel ein gutes Stück näher gekommen. Ich stelle das Rad ab, trinke und esse eine Kleinigkeit und gönne meinen Beinen eine Pause. Meine Hände sind von der morgendlichen, schattigen Fahrt sehr kalt, aber erwärmen sich langsam. Nach kurzer Pause mache ich mich also auf meinen Weg zum Prinz-Luitpold Haus, der am Giebelhaus mit zweieinhalb Marschstunden ausgeschildert ist. Letztes Jahr waren wir ja bereits zu viert auf der Hütte, so dass ich den Weg kenne. Zunächst geht es, der asphaltierten Fahrtstrasse folgend, nur mäßig ansteigend weiter und der Blick wird allmählich auf die Berge rund um die Hütte frei: Glasfelder Kopf und Wiedemer.

Gegen 8:45 Uhr erreiche ich die Weggabelung, von wo sich nun der eigentliche Wanderweg links von der Strasse abzweigt. Zunächst geht ich kurz bergab und schon nach zehn Minuten bin ich am Wasserfall, wo das Nass in Stufen talwärts stürzt. Immer ein dankbares Fotomotiv und Gelegenheit zur Pause. Mich aber treibt es weiter. Abermals nach nur wenigen Minuten bin ich an der unteren Bärgündlealp (1203m). Eine hübsch gelegene, bewirtschaftete Alm, die allerdings jetzt noch nicht geöffnet hat. Aber den herrlichen Blick auf Großen Wilden und Schneck kann ich deswegen ja trotzdem genießen. Über dem Glasfelder Kopf brechen gerade die ersten Sonnenstrahlen hervor, aber ich profitiere noch von der kühlen Morgenluft. So komme ich zügig voran, ohne zu hasten. Nach zwanzig Minuten bin dem oberen Bärgündle, einer unbewirtschafteten Almhütte auf 1476m etwa auf gleicher Höhe. An einem Bachlauf mache ich kurze Rast und nutze das eiskalte Wasser für ein erfrischendes Gesichtsbad.
Mit zunehmender Höhe werden die Alpenrosen immer zahlreicher. Man sollte nicht glauben, wie sich das letzte Stück zur Hütte in die Länge ziehen kann. Das scheint wohl daran zu liegen, das das Ziel dauernd in Sicht ist und die Entfernung eben doch täuscht. Außerdem wird das Steigen nun doch anstrengender. Trotzdem, um 10:10 Uhr ist es geschafft und ich habe das Prinz Luitpold-Haus auf 1847m Höhe erreicht.
Auf der Sonnenterasse ist noch nicht viel los. Ich genieße einen herrlichen Blick hinüber zur anderen Talseite, wo der Große Daumen das Panorama beherrscht. Irgendwo unter seinem Gipfel liegt der Engeratsgundsee, das heutige Ziel von Andrea und meinen Eltern. Inzwischen dürften die sich auch beim Aufstieg befinden.
Ich gehe ins Innere der gemütlich-urigen Hütte, auch hier ist nicht viel los. Ich belohne mich mit einem großen Glas Sprudel, das jetzt auch nötig war. Nach etwa zwanzigminütiger Rast mache ich mich auf meinen Weiterweg. Den Hochvogel haben wir letztes Jahr vergeblich gesucht, nun sehe ich ihn: Gipfelkreuz und oberster Teil des Gipfelaufbaus verschmelzen fast mit der Kreuzspitze. Man muss schon genau hinsehen, aber immerhin: mein heiß ersehntes Ziel ist in Sichtweite.

Prinz Luitpold-Haus

Zunächst wird ziemlich eben ein Geröllhang gequert, der um den kleinen See führt, der hinter der Hütte liegt. Rote Farbkleckse weisen den Weg und schon bald habe ich einen guten Einblick ins sogenannte Obere Tal.

Das Prinz-Luitpold Haus, dahinter die Fuchskarspitze, ein Eldorado für Kletterer.

Während ich langsam zwischen Fuchskarspitze und Wiedemer Kopf höher steige, schieben sich Kreuzspitze und Kreuzkopf immer näher. Nach der Überquerung eines kleines Schneefeldes taucht der Wegweiser auf, an dem sich die beiden Aufstiegsrouten zum Hochvogel teilen: links der Weg zur Balkenscharte und weiter über den "Kalten Winkel" zum Gipfel. Rechts der versicherte Felsanstieg über die Kreuzspitze, den ich für den Abstieg vorgesehen habe. Für mich geht es also zunächst links weiter. Alsbald nähere ich mich der Balkenscharte. Das letzte Stück ist erschreckend steil. Kein Wunder, ich gehe etwa ein, zwei Meter rechts des eigentlichen Weges, der in Serpentinen wesentlich gemütlicher höher führt. Um 11:25 Uhr bin ich also an der Balkenscharte auf 2156 m. An sich war hier eine Rast eingeplant, aber die wird mir ordentlich versaut: unzählige Insekten schwirren in einem solchen Ausmaß um meinem Kopf, wie man es sich kaum vorstellen kann. Also nichts wie weiter, und schon nach wenigen Metern, nun windgeschützter, ist alles ruhig. Von hier habe ich einen ersten freien Blick nach Süden. Rechts von mir, hoch oben, krabbeln einige Bergsteiger mit Seil und Helm wie Ameisen im Fels. Ich schaue kurz zu, doch hinter mir tauchen Wanderer auf. Da das Überholen hier wegen des vielen losen Gerölls etwas problematisch ist, mache ich mich wieder auf den Weg.

In südöstlicher Richtung, recht eben, werden die Ausläufer der Kreuzspitze gequert, bis man schließlich eine markante, vom Nordgrat der Kreuzspitze ausstrahlende Rippe quert. Eine weitere Rippe, das sogenannte Sättele (2136 m), etwa eine Viertelstunde von der Balkenscharte, wird mit Hilfe von Eisenstiften überwunden. Erst hier offenbart sich der Hochvogel in seiner vollen Größe und Pracht. Riesengroß steht er plötzlich vor mir, das Firnfeld

Kalter Winkel

des "Kalten Winkels" in unmittelbarer Reichweite. Nachdem ein Mann gerade das Firnfeld abgestiegen ist, steige ich vorsichtigen Schrittes in das 30° steile Feld ein. Angenehm nur, dass eine ausgetretene Spur angelegt ist, der ich "nur" folgen muss. - Eine Anmerkung vielleicht an dieser Stelle, denn sechs Jahre später hatte ich bei meiner zweiten Begehung des Kalten Winkels Steigeisen dabei. Keine Notwendigkeit zwar, aber doch eine ganz erhebliche Erleichterung, mit dieser Hilfe das Firnfeld doch recht bequem hinaufsteigen zu können. - Nach der Kehre geht es noch ein wenig steiler aufwärts, bis dann fast die Kaltwinkelscharte erreicht ist. Wenige Meter vor der Scharte komme ich ins Rutschen.

Der "Kalte Winkel". Links der Gipfel, rechts die 2454m hohe NW-Schulter.

Nichts Ernstes, aber die Beine werden etwas wackliger und der Tritt ist durch mein Rutschen schon glatt. Mit kräftigen Tritten schaffe ich mir eine Stufe und fühle mich wenig später wieder sicher. Um 12:15 Uhr habe ich die Kaltwinkelscharte (2283 m) erreicht und habe tatsächlich eine halbe Stunde für die Durchsteigung des Firnfeldes gebraucht. Jenseits der Scharte kann man einen schönen Blick ins Weittal genießen. So auf die wellige Gipfelfläche der Wildengruppe. Über mir ragt nun die Nordwestschulter auf, die während des Aufstieges südwestlich umgangen wird. Hierzu steige ich über eine niedrige Wandstufe zur "Schnur", ein felsüberdachtes Band, wo ich erst mal raste. Ich beobachte einige Wanderer bei ihrem Aufstieg auf die Kreuzspitze. Von hier sieht der Aufstieg doch etwas abweisend aus. Aber wir werden sehen...

Schnur

Über die "Schnur" also umrunde ich die Nordwestschulter und gelange über den Weg zum Westach, über dem sich der Gipfel aufbaut. Das Westdach ist eine riesige schiefe Ebene, die sich aus unzähligen Felsbändern zusammensetzt, auf denen sich überall Schutt gesammelt hat.

Die Nordwestschulter vom Westdach aus gesehen. An deren Fuß die sog. Schnur. Für Wegverlauf bitte über das Bild fahren. Links der Schneck, ganz hinten der Grünten. Gut ist die horizontale Lagerung des triassischen Hauptdolomites zu erkennen, der den Hochvogel aufbaut.

Leicht, aber mitunter anstrengend geht es höher. Hier und da kommen mir Leute entgegen, die mich an engen Stellen passieren lassen. Ich erkundige mich bei zweien, ob die Route über die Kreuzspitze schwierig sei. Nein, recht einfach und gut zu machen, heißt es, so dass ich beruhigt an den Abstieg denken kann. Auch auf eine weitere Anfrage hin bekomme ich dieselbe Antwort. Hin und wieder muss ich mich hinsetzen. Der Weg ist nicht immer klar auszumachen und so steige ich manchmal direkt von Felsband zu Felsband. Kein Problem! Das Gipfelkreuz rück unterdessen unmerklich aber stetig näher, bis es nur noch wenige Meter bis zum höchsten Punkt sind. Kurz vor dem Gipfel kommt mir eine Gruppe französischer Jugendlicher entgegen, die unter der Leitung zweier Erwachsener den Hochvogel bestiegen haben. Noch einige Schritte, noch einige Meter, und ich stehe neben dem Gipfelkreuz! Das Holz des Gipfelkreuzes ist fast eine Siegtrophäe für mich, ich bin am Ziel!!!

DER HOCHVOGEL, 2593 m hoch, IST BESTIEGEN !!!
Ein Traum ist für mich in Erfüllung gegangen. Es ist nun 13:10 Uhr.

Ich schaue in die weite Runde und die Mühen, die hinter mir liegen, sind vergessen. Die Aussicht ist die schönste und umfassenste, die ich bis zum derzeitigen Zeitpunkt gesehen habe. Bergkette reiht sich an Bergkette, soweit das Auge reicht. Ich setze mich neben das Gipfelkreuz und hole mir Proviant aus dem Rucksack. Die Trainingsjacke ist trotz der Mittagssonne angebracht, ein kleines Gipfelthermometer zeigt 13°C an.

Gipfel!!!

Im Vordergrund des Panoramas fesselt vor allem die Hornbachkette mit ihren Dolomitgipfeln, von den Krottenköpfen ausgehend und in der Urbeleskarspitze ihre größte Höhe erreichend. Tief unter diesen Gipfeln der kleine Ort Hinterhornbach, Ausgangspunkt für den Bäumenheimer Weg, der anspruchvollste Weg auf den Hochvogel. Ich schaue über die Felsgipfel der Lechtaler Alpen hinweg und erblicke die Gletscher- und Firngipfel der Stubaier und Ötztaler Alpen. Den Ortler, bei besten Bedingungen auch zu sehen, sehe ich nicht, der Dunst in der Ferne ist dafür dann doch zu dicht.

Unvergessliche Augenblicke auf dem Gipfel. Blick nach Süden

Sieht man hier die gesamten Allgäuer und Lechtaler Alpen aufgeschlossen, ist es doch eine Eigenart des Hochvogels, dass er keinerlei Einblick ins Ostrachtal gewährt.

Natürlich bin ich nicht alleine auf dem Gipfel. Besonders beachtlich finde ich den Aufstieg eines etwa zehnjährigen Mädchens, das mit seinem Vater auf dem Gipfel ist. Eine irre Leistung! Aber auch Alleingänger wie mich hat es auf den Gipfel getrieben. So eine Frau, die offenbar über den Bäumenheimer Weg gekommen ist. Ich mache noch einige Fotos und entschließe mich nach etwa 35-minütiger Pause, den Abstieg anzutreten. Ich würde gern noch länger bleiben, aber es doch recht kühl und leider habe ich doch nicht ausreichend warme Kleidung dabei. Ich packe mir noch einen Stein als Andenken in den Rucksack und beginne um 13:45 Uhr den Abstieg.

Tiefblick

Während ich immer wieder wehmütig zum kleiner werdenden Gipfelkreuz zurück blicke, geht es auf gewohntem Weg bergab. Der Abstieg macht mir fast keine Mühe, obwohl ich relativ zügig absteige. Über Westdach und Schnur erreiche ich nach einer halben Stunde die Kaltwinkelscharte, wo sich ein kleiner Menschenauflauf gebildet hat. Es sind die Franzosen, die mir ja bereits am Gipfel begegnet waren.

Blick vom Gipfel über die Kreuzspitze hinweg hinab zur Hütte. Rechts die Fuchskarspitze, im Mittelgrund der begrünte Giebel und in der Ferne der Daumen, Endpunkt des Hindelanger Klettersteiges.

Kreuzspitze - 2369 m

Sie sichern sich am Seil und beginnen den weiteren Weg Richtung Kreuzspitze. Doch schon nach wenigen Metern wird der Aufstieg abgebrochen, offenbar wegen dem unvernünftigen Verhalten der Gruppe. Die Gruppe versammelt sich wieder in der Scharte und bereitet den Abstieg über den "Kalten Winkel" vor. Ein Pickel wird in den Firn gerammt und offensichtlich will sich die Gruppe so abseilen.
Ich aber "klemme" mich an ein Vater-Sohn-Gespann, das den Aufstieg zur Kreuzspitze in Angriff nimmt. Der Weg über die Kreuzspitze wird als einfachste Kletterei (Grad I) bewertet, der Weg ist an allen steileren Stellen mit Drahtseilen versichert. Teilweise recht steil, aber ohne Schwierigkeiten geht es bergauf, bis ich eine Gabelung erreiche.

Rückblick zum Hochvogel

Ich rufe zu jenem Mann hinauf, ob es rechts zur Hütte gehe und bekomme eine Bestätigung zugerufen. Geradeaus führt der Weg offenbar direkt auf den Kreuzspitz-Gipfel hinauf, den ich jetzt wenig unterhalb des Gipfels östlich umgehe. Der Rückblick zum Hochvogel ist fantastisch. Selbst von hier aus sehe ich noch die Menschen auf seinem Gipfel und wäre jetzt auch gerne noch oben.

Wehmütiger Rückblick zum Gipfelaufbau des Hochvogels.

Später treffe ich wieder auf Vater und Sohn. Wir wechseln einige Worte und steigen dann ab. Der Weg wird nun noch mal steil, ist aber gut versichert. Den Rücken dem Fels zugewendet steige ich ab. Obgleich man nicht schlafen darf, macht es mir Spaß, eine solche kleine, einfache Kletterpassage zu begehen. Dann wird das Gelände wieder flacher, die Felspassagen liegen hinter uns. Geröll und Firnfleckchen wechseln ab, während ich mich der Hütte nähere. Erleichtert, dass auch beim Abstieg alles wunderbar glatt ging, erreiche ich um 15:45 Uhr die Hütte.

Wieder an der Hütte

Im Gegensatz zum Morgen herrscht rege Betriebsamkeit. Ich setze mich zu einem Mann an den Tisch und gönne mir eine halbe Maß Radler. Am Nebentisch und auch draußen sitzen ... na, wer wohl? - Die Franzosen. Schon bald komme ich mit dem Mann ins Gespräch. Er war heute morgen auf dem Hochvogel und hat sich von 8 bis 12 Uhr auf dem Gipfel aufgehalten. Vier Stunden auf dem Gipfel - ich beneide ihn. Offenbar besitzt er ähnliche Ansichten über das Bergsteigen wie ich: auf die Berge steigen der Aussicht und des Spaßes wegen, nicht, um um jeden Preis auf dem Gipfel zu stehen. Ich fühle mich geborgen hier in dieser Hütte, muss mich aber noch an den Abstieg ins Tal machen. Wir verabschieden uns und um 16:15 Uhr beginne ich den Abstieg Richtung Giebelhaus.

die letzten Meter bis zur Hütte, mein Traumgipfel liegt hinter mir.

Zügig steige ich ab und mache an der Bärgündlealm, heute morgen noch geschlossen, Rast, um die letzten zwei Mark meines Zehners auf den Kopf zu hauen. Für ein Glas Milch reicht es noch und mein Wasservorrat ist inzwischen verbraucht. Leider ist aber auch die Milch alle, erst morgen wird wieder gemolken. Tja, also ohne Milch weiter runter! Nachdem ich den Wasserfall wieder passiert habe, bin ich wenig später wieder auf der Fahrstraße. Vor mir sehe ich doch tatsächlich wieder das kleine Mädchen mit ihren Eltern.
Zuerst über die Straße, dann über einen netten Waldweg links der Straße, geht's weiter, immer wieder Rückblicke zum Prinz Luitpold-Haus werfend. Dann ist das Giebelhaus in Sichtweite. Ich bleibe aber vorerst in gehbürtiger Entfernung, schließlich will ich ja nicht meinen Eltern und Andrea in die Arme laufen. Ich glaube die drei durchs Fernglas zu sehen und warte ab, bis der 18 Uhr-Bus weg ist. Ich gehe also zur Hütte und will noch kurz einkehren, aber mit dem letzten Bus (aktueller Fahrplan hier im Internet) ist auch für die Belegschaft des Giebelhauses Feierabend. Pech!

Giebelhaus

Das Giebelhaus, für mich schon Anfang oder Ende so mancher schöner Tour.

Also rüste ich mich sofort für die Rückfahrt. Im Gegensatz zu heute morgen bereitet mir die Rückfahrt die reinste Freude. Locker trete ich in die Pedale und schieße mit einem Höllentempo talauswärts. Nach zwanzig Minuten (die braucht der Bus sicher auch) bin ich wieder in Hinterstein. Nachdem ich wieder einige Minuten gewartet habe, um nicht Papis Wagen in die Arme zu laufen, nehme ich die letzten sechs Kilometer in Angriff. Über Bruck und Bad Oberdorf fahre ich zurück und stelle mein Rad knapp zwölf Stunden nach meinem Aufbruch wieder am Elektrogeschäft ab. Müden Schrittes latsche ich die Treppe zur Ferienwohnung im Quartier hinauf und lasse mir erzählen, was die drei erlebt haben. Offenbar sind die drei vom Engeratsgundsee direkt nach Hinterstein abgestiegen und waren somit gar nicht am Giebelhaus. Na, was soll's!?
Ich halte mich mit meinem Tourenbericht zurück, sage lediglich, dass es am Imberger Horn sehr schön war :-) Erst viele Wochen später, als ich mich mit der Schulklasse auf Studienfahrt nach Prag befinde, "beichte" ich per Brief meine Exkurs auf den Hochvogel. Begeistert waren meine Eltern nicht, aber für eine ernste Rüge war es nun auch zu spät!

nach oben !!!

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